Alltag und Identität _ Notizen aus Montréal   zuletzt   6   5   4   3   2   1 
Go. [02.10.2005 pmg] Deutschland hat gewählt und Montréal wird es am 6. November tun. Bei den Kommunalwahlen werden die Bezirksräte, die Bezirksbürgermeister und vor allem der Bürgermeister der Stadt Montréal bestimmt. Noch regiert im Rathaus der Stadt Gérald Tremblay (auf dem Foto der Herr links mit dem verschmitzt-debilen Lächeln). Er tritt gegen seinen Vorgänger und Herausforderer Pierre Bourque an (der auf den seinen Plakaten einen eher pikiert-seriösen Eindruck vermittelt).

Wahlplakat mit Bürgermeister Tremblay und zwei weiteren Politikern und dem Spruch 'Go Montréal'. Foto: Paul Morf Gronert

Letzter wirbt für sich mit dem Spruch 'Montréal je te connais par coeur'. Auf deutsch würde man sagen 'Montreal, ich kenne dich auswendig', aber wörtlich müsste es wohl 'von Herzen' heißen. Inhalte scheinen in diesem Wahlkampf (bisher) überhaupt keine Rolle mehr zu spielen. Um dieses zu unterstreichen, hat der Amtsinhaber für seine Kampagne das Motto 'Go Montréal' gewählt. Fürwahr eine kontroverse Aufforderung. Sieht man einmal vom Namen der Stadt ab, bleiben noch zwei Buchstaben als Aussage übrig. Doch genau die besitzen noch eine enorme Sprengkraft.

Seit Tagen diskutieren die Medien, die Montrealer, Sprachwissenschaftler und Juristen, ob es sich bei 'Go' um ein eindeutig englisches Wort handelt. Das Office québecois de la langue français (OLF) hat eine Untersuchung eingeleitet. Das OLF hat die Aufgabe, die Einhaltung der 'Charter der französischen Sprache' (auch Loi bzw. Bill 101 genannt) zu überwachen, die festlegt, dass Französisch die einzige offizielle Sprache in der kanadischen Provinz Québec ist. Die entsprechenden Vorschriften beziehen sich auf das Arbeits- und Geschäftsleben, das Rechtswesen, den Schulunterricht und ähnliche Dinge, das politische und religiöse Leben ist allerdings ausgenommen. Handelt es sich also bei dem Wahlkampfslogan, der in der ganzen Stadt zu sehen ist, um eine politische Aussage oder doch um einen Verstoß gegen das Sprachanwendungsgesetz? 'Go' werde auch in der quebécischen Umgangssprache und im Sport verwendet, andererseits es sei dennoch eindeutig englischen Ursprungs wird argumentiert.

Möglicherweise ist aber auch alles ganz anders und es hat nur noch niemand bemerkt. Vielleicht handelt es sich bei 'Go' ja auch um das alte chinesische Brettspiel. Dann würde es sich vielleicht um einen Eigennamen handeln, der sich schlecht übersetzen ließe. Und angesichts der recht großen Zahl chinesischer Einwanderer nach Kanada bekäme der Wahlkampf auf diese Weise vielleicht doch noch eine inhaltliche Komponente.

Siehe auch Bürgermeisterwahl

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