ATSA. [30.08.2005 pmg] Die Überraschung war wohl kalkuliert und voll geglückt. Der tolle Boulevard Saint-Laurent war in der letzten Woche für ein Straßenfest gesperrt. Vor jedem Geschäft und jeder Gaststätte waren Stände aufgebaut und man konnte so ziemlich alles kaufen und essen, was es auch sonst in den Läden gibt, und noch mehr. Und dann tauchte plötzlich zwischen Ständen dieses weit emporragende Gerüst auf. Zwischen den Stangen waren Wäscheleinen gespannt, an denen jede Menge Plastiktüten flatterten. Eine Kunstaktion mit klarer Botschaft. Diese war - in französischer und englischer Sprache - auf großen Schildern zu lesen: '500 Milliarden Plastiktüten pro Jahr... 60 Millionen Barrel Öl für die Herstellung; Produktion eine Sekunde; Verwendung 20 Minuten; Verrottung zwischen 100 und 400 Jahren.'

Bei der Installation handelt es sich um ein Projekt von Annie Roy und Pierre Allard. Die beiden Künstler haben 1997 die Action terroriste socialement acceptable ATSA (was für ein Name!) gegründet, um städtische Interventionen zu schaffen, die Fragen aufwerfen, Menschen zusammenbringen und die Gemeinschaft mobilisieren, wie sie selbst sagen. Die Arbeiten beschäftigen sich meist sehr konkret mit dem Zusammenleben der Menschen und mit der Stadtlandschaft als Ort der politischen Diskussion der Bürger. Weniger kontrovers sind die Tafeln, die seit letztem Jahr an vielen Hauswänden wiederum des Boulevards Saint-Laurent hängen. Mit dieser Auftragsarbeit dokumentiert ATSA hier die Geschichte der Straße, auf der sie jetzt versuchten das Plastiktütenbewusstsein der Montrealer zu schärfen. Und als wäre der Kassierer auch da gewesen, wurde ich doch tatsächlich am folgenden Tag bei meinem Supermarkteinkauf gefragt, ob ich eine Tüte möchte. Ich verzichtete gerne.

Siehe auch Tüten

-> Action terroriste socialement acceptable ATSA